Ein Modell, das Schule macht
Donnerstag,
Nachbarschaftshilfe verbindet – auch die 32-jährige Katrin Andres und die 84-jährige Eva Haegeli aus Luzern. Regelmässig treffen sich die beiden Frauen zum Spaziergang oder Kaffee – vor allem aber zum Gespräch.
Text und Bild: Mirjam Oertli
Schön, dass es klappt!» Die zwei Frauen treffen sich an der Bushaltestelle. «Oh, ist sie gross geworden!», sagt die ältere und beugt sich über den Kinderwagen der jüngeren. «Ja, es ist eine Weile her, seit du sie zuletzt gesehen hast, gell.» Kurz beratschlagen sie, wo es hingehen soll. Dann machen sie sich auf zum Garten des nahen Kapuzinerklosters im Luzerner Wesemlin-Quartier.
Mutter und Tochter? Vom Alter her eher Grossmutter und Tochter. Doch die 84-jährige Eva Haegeli und die 32-jährige Katrin Andres kennen sich erst seit zweieinhalb Jahren. «Ohne Corona wä- ren wir uns nie begegnet», sagt Eva spä- ter, als sie im Garten des Klosters unter einem Spalierbogen schlendern. Im Frühling 2020, kurz vor dem Lockdown, hat- te Katrin gerade ihre Masterarbeit einge- reicht: «An Stellensuche war da nicht zu denken.» So meldete sie sich auf einen Aufruf der Luzerner Nachbarschaftshilfe-Organisationen Zeitgut und Vicino und kaufte bald regelmässig für alte Menschen ein. Die Idee der Nachbarschaftshilfe gefiel ihr – auch über den Lockdown hinaus. Als Zeitgut sie anfragte, ob sie Teil eines «Tandems» werden möchte, überlegte sie nicht lang. «Wir waren uns sofort sympathisch», sagen heute beide, Katrin und Eva, über ihre erste Begegnung....
Nachbarschaftshilfe in der Region
Die Non-Profit-Genossenschaft Zeitgut Luzern (zeitgut-luzern.ch ) vermittelt Nachbarschaftshilfe in der Stadt und Agglomeration Luzern. Im Zentrum stehen der Aufbau von Sozialkontakten und die unterstützende Begleitung im Alltag. Ein Koordinationsteam sorgt dafür, dass jeweils zwei Personen – eine «gebende» und eine «nehmende» – zusammenfinden und ein «Tandem» bilden. Gebende Personen erhalten dabei Zeitgutschriften für ihre Einsatzstunden und können diese selbst als «nehmende» Person beziehen, wenn sie einmal Hilfe brauchen. Eine Mitgliedschaft kostet einmalig 100 Franken (Anteilschein) sowie jährlich 50 Franken (Mitgliederbeitrag).
Im Netzwerk Nachbarschaftshilfe Schweiz (nachbarschaftshilfeschweiz.ch) sind zivilgesellschaftliche Organisationen vernetzt, die Nachbarschafshilfe anbieten, teilweise auch mit Zeitgutschriften. Sie verstehen sich als Ergänzung zu Angeboten von kommunalen Institutionen und gemeinnützigen Organisationen. Für die Zentralschweiz sind neben Zeitgut Luzern auch Zeitgut Obwalden (zeitgut-obwalden.ch) und Zeitgut RegioSursee (zeitgut-regio-sursee.ch) im Netzwerk vertreten.
Ebenfalls mit Zeitgutschriften funktionieren die im schweizweiten Netzwerk Fondation KISS (fondation-kiss.ch) vernetzten Genossenschaften unter anderem in Zug, Cham, Hünenberg und March sowie mit Vereinen im Aufbau in Schwyz und Einsiedeln. Eine vermittelnde Rolle in der Nachbarschaftshilfe nimmt in Luzern der Verein Vicino (vicino-luzern.ch) ein. Weitere lokale Initiativen und Organisationen sind im Netzwerk Caring Communities verbunden (caringcommunities.ch).